Schulformen (OPAC): Konfessionell gemischte Schule
Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
I. Alte deutsche Geschichte.
^ Die alten Deutschen.
1. Das alte Deutschland. Um die Zeit, da Christus geboren wurde, war Deutschland noch ein sehr rauhes unwirtbares Land. Wo jetzt die Sonne warm auf üppige Fruchtgefilde scheint, wehte damals noch seuchtkalte neblige Luft über ungeheure Wälder. Denn dichter Urwald bedeckte den größten Teil des Bodens; und die gewaltigen Eichen, Buchen und Tannen, aus denen er bestand, ließen die Strahlen der Sonne nicht durchdringen und das Erdreich erwärmen und abtrocknen. Daher war das Land weit sumpfiger, rauher und unfruchtbarer als jetzt. Edle Obstarten, Weintrauben und zarte Gartengewächse sonnten nicht gedeihen. Die gewöhnliche Ackerfrucht war Hafer; auch Gerste, Roggen und Weizen wurden gebaut, und starker Flachsbau getrieben. Grasreiche Weiden nährten Rinder, Pferde und Kleinvieh in Menge; Viehbesitz war des Deutschen größter und liebster Reichtum. Im Dickicht der Wälder hausten viele wilde Tiere: Wölfe und Eber, Bären, Elentiere und riestge Auerochsen. Städte gab es nirgends im Lande; denn enges Zusammenwohnen erschien unsern Vorfahren unnatürlich. Sie lebten in Dörfern und auf einzelliegenden Hofen; Hütten aus Holz und Lehm, mit Schindeln oder Stroh gedeckt, dienten ihnen zur Wohnung. (Vgl. das Bild Nr. 6.)
2. Die Germanen. Die alten Deutschen oder, wie die Römer sie nannten, die Germanen waren ein herrlicher Menschenschlag. Groß und kraftvoll war ihr Körper, breit ihre Brust, ihr Auge blau, ihr Haar goldgelb und lang herabfallend. Als die kampfgeübten Römer sie zum erstenmal sahen (vgl. I, Nr. 51), wurden sie durch die stolze Haltung, den kühnen, durchdringenden Blick und den brausenden Schlachtgesang biefer Feinde in Erstaunen und Schrecken gesetzt. Der Sinn der Germanen war aus Kampf und kühne Taten gerichtet. Von Jugenb auf übten sie sich im Gebrauche der Waffen, im Kampfe mit
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Extrahierte Personennamen: Christus
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Hofen
Schulformen (OPAC): Konfessionell gemischte Schule
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
— 160 —
nach Berlin zurück. Bald darauf ließ er sich allein in der Schloßkapelle zu Charlottenburg das „Herr Gott, dich loben wir" singen und senkte dankbar mit Thränen das Haupt vor seinem Herrn und Gott.
V. Friedrichs weitere segensvolle Regierung.
1. Förderung der Erwerbsthätigkeit. — Sobald der Friede geschlossen war, verteilte der König Saatkorn unter die verarmten Landleute; er gab Militärpferde für den Ackerbau her, unterstützte die notleidenden Gegenden mit Geld und baute die niedergebrannten Ortschaften wieder auf. Friedrich kannte die wirts chaftlichelage seiner Bauern genau. Er bewahrte sie vor willkürlicher Plackerei mit Hand-und Spanndiensten und vor übler Behandlung. „Kein Bauer soll mehr als drei Tage in der Woche Hofdienste thun," bestimmte er. Durch die Beamten ließ er die Bauern anweisen, wie sie den Boden verbessern müßten, wozu ihnen der Anbau der Lupine, der Kartoffeln, des Klees nützen könne. Ihm ist es zu danken, daß in den meisten Dörfern die Gemein-weiden geteilt und die Felder der einzelnen Bauern möglichst zusammengelegt wurden. Aus den Kr eis b anm sch ulen, die der König anlegen ließ, erhielten die Landleute Obstbäume für ihre Gärten. Wo es nur an-ging, ließ der König auch Maulbeerbäume pflanzen und Seidenbau einrichten. Damit eine bessere Wolle erzeugt werde, ließ er edle Schafe mit feiner Wolle aus Spanien kommen; die Schäfereien des Landes bezogen nun aus den königlichen Stammschäfereien bessere Tiere.
Zu seiner Zeit wurde Berlin eine Fabrikstadt. Der König förderte mit großem Eiser die hier neu errichtete Porzellanfabrik, in Schlesien besonders die Linnenweberei, welche damals den Webern im Gebirge einen guten Verdienst gewährte. Um zu verhüten, daß sein Volk durch Wucher herunterkomme, sorgte der König dafür, daß Kaufleute und Gutsbesitzer (gegen Verpfändung ihres Besitzes durch „Pfandbriefe") in Banken Geld zu billigen Zinsen bekamen. Daß der König damals die Accise durch französische mit dieser Sache sehr vertraute Beamte verwalten und hohe Steuern für Kaffee erheben ließ, war vielen Unterthanen des Königs unangenehm; denn der Kaffee fing an ein beliebtes Getränk zu werden und verdrängte die Biersuppe. Der Handel mit Salz und Wachs war damals allein in der Hand des Staates (Salz-, Wachsmonopol); bei dem Verkaufe dieser Waren wurde die Steuer auf dieselben mit erhoben.
2. Umgestaltung Westpreußens. — Zu Friedrichs des Großen Zeit war es sicher, daß das Königreich Polen dem Untergange entgegengehe. Um nun
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Extrahierte Personennamen: V._Friedrichs Friedrichs Friedrich Friedrich Friedrichs
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Charlottenburg Spanien Berlin Westpreußens
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Knabenschule
Geschlecht (WdK): Jungen
— 85 —
kniete, trat Leo mit einer goldenen Krone in der Hand an ihn heran und setzte sie ihm auf, indem er ihn zugleich mit dem Titel eines römischen Kaisers begrüßte. Die ganze Gemeinde jubelte ihm zu und rief dreimal: „Heil dem von Gott gekrönten, großen und friedebringenden Kaiser!" Unter dem Titel römischer Kaiser dachte man sich einen Herrscher, der das Recht hatte über alle Länder des Erdkreises das Regiment zu führen, wie es sich einst die Kaiser des römischen Reiches zuschrieben. Ebenso sah sich auch der Papst sür den Oberhirten über die ganze Christenheit an, darum wurde er das geistliche Schwert und der Kaiser das weltliche Schwert genannt.
Kaiser Karls Ruhm drang in die fernsten Länder. Die Araber in Asien, Afrika und Spanien schickten Gesandte an ihn, welche ihm ihre Ehrfurcht bezeigten. Der große Kalif Harun al Rafchid — derselbe, von welchem in den Märchen der Tausend und einen Nacht erzählt wird — ließ Karl zu seiner Kaiserkrönung Glück wünschen und sandte ihm einen Elefanten zum Geschenk, ein Tier, das die Franken zum ersten Mal sahen. Außerdem machte er ihm kostbare Geschenke mit indischen Gewürzen und Kunstarbeiten des Morgenlandes. Darunter war eine metallene Uhr, deren Zeiger durch rinnendes Wasser bewegt wurde und den Ablauf der Stunden durch kleine Kügelchen kund that, welche auf eine klingende Metallplatte fielen und durch Reiterfiguren, die aus aufspringenden Türmen hervorkamen. Die Gegengeschenke des Kaisers bestanden in Pferden, trefflichen Jagdhunden, feiner Leinwand und schönen Weberarbeiten.
Einen festen Wohnsitz hatte Karl nicht, es gab verschiedene Residenzen, wo er prächtige Paläste besaß; am liebsten wohnte er auf seinen Schlössern in den Rheinlanden, besonders in Aachen. Wenn es seine Staats- und Kriegsgeschäfte zuließen, besuchte er seine Güter und leitete die Wirtschaft auf den Feldern und in den Höfen; auf den Ackerbau verstand er sich wie der beste Landmann. Es war ihm auch nicht zu gering, sich die Rechnungen vorlegen zu lassen, wo alles, selbst die Zahl der Eier eingetragen sein mußte. Er machte Bauanschläge und schrieb vor, welche Obstarten und Blumen angepflanzt und wie große Vorräte von Fleisch, Speck und Gemüse gehalten werden sollten.
Es gab Gelegenheiten, wo er sich in voller Kaiserpracht zeigen mußte, aber lieber trug er einfache Kleidung, einen leinenen Rock, den eine feiner Töchter gewebt hatte, und einen großen warmen
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Extrahierte Personennamen: Leo Leo Gott Karls Harun_al_Rafchid Karl Karl Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Karls Asien Afrika Spanien Rheinlanden Aachen
523. Dritter Hauptteil: Die wirtschaftlichen Verhältnisse Deutschlands. 32
an einer uralten wichtigen Straßenkreuzung (Paris-Wien, Frankfurt-Basel); auch heute
Straßen- und Verkehrsknoten (mehrere wichtige Eisenbahnen, 2 Kanäle) - daneben gewerb.
tätig; prachtvolles gotisches Münster (berühmte Aussicht von der Plattform des fehlenden
einen Turmes); Kaiser Wilhelm-Universität. 1681 durch Ludwig Xiv. geraubt, 1870 zu-
rückgewonnen (28. Sept. Übergabe). — Bei Schlettstadt die Hohkönigsburg, im
Wasgenwalde, durch Wilhelm Ii. wiederhergestellt. — Im Norden Hagenau Q und die
Schlachtorte Weißenburg (4. Aug. 1870) und Wörth (6. Aug.).
Bezirk Oberelsaß: Kolmar p, an? Webeindustrie. — Südöstlich die Festung Ren - Breisach.
— Rappoltsweiler, Weinort. — Mülhausen im Elsaß G, an derjlluud dem Rhein-
Rhone-Kanal, lebhafte Fabrikstadt mit großen Baumwollspinnereien und »Webereien. —
Gebweiler, ebenfalls Webeindustriestadt.
Bezirk Lothringen: Metz %, Deutschlands stärkste Festung, in einem weiten Talbecken an?,
1648 an Frankreich gefallen, 1870 zurückgewonnen (östlich Courcelles, 14. Aug.;
westlich Vionville, 16. Aug.; Gravelotte und St. Privat, 18. Aug.). Übergabe
27. Okt. 1870. — Nördlich von Metz Dudenhofen, Festung, an? — Südlich von Saar-
brücken die Höhen von Spichern, 6. Aug. 1870! — Ostlich vou Saargemünd die kleine
Festung Büsch.
Dritter hauptteil.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse Deutschlands
(zu § 382-429).
Der Getreidebau (§ 382—387).
§ 523. In Deutschland dient fast die Hälfte des Bodens (48,8%) dem Acker- und Garten-
bau. Das ist ein sehr hoher Prozentsatz, der nur vou Frankreich (56%) übertroffen wird (Eng-
land 13%). Geerntet wurden 1909: 28 Mill. t Getreide, davon Ih/3 Mill. t Roggen,
33/4 Mill. t Weizen. Trotzdem können wir unfern Getreidebedarf nur zu 85% decken. Fast
6 Mill. t Getreide müssen eingeführt werden (einschließlich Mais). Davon kommt über die Hülste
ans Rußland, dann folgen Argentinien (nur Weizen), Rumänien, die Vereinigten Staaten,
Osterreich-Uugarn (säst nur Gerste).
Andere Kulturen (§ 388—390).
Deutschland ist das Hanptriibenzuklerland der Erde; es erzeugt Vz alles Rübenzuckers
(i/„ des gesamten Zuckers der Erde). 1/i des deutschen Zuckers liefert die Provinz Sachsen.
Deutschland baut von allen Ländern der Erde die meisten Kartoffeln.
Im Weinbau steht es an 6. Stelle (Hauptsitze s. Karte § 388).
Unser Obstbau genügt nicht für den eigenen Bedarf. Es wird für 50—60 Mill. Mk. Obst
ein-, für 2 Mill. Mk. ausgeführt.
Flachs - und Hanfbau gehen zurück. Es werden für 30 Mill. Mk. Flachs (aus Rußland)
und für 26 Mill. Mk. Hanf (aus Rußland und Italien) eingeführt.
Deutschlands Tabaksbau wird in Europa nur vou dem Österreichs und Rußlands über-
troffen, geht aber langsam zurück. Hauptgebiete Baden und Rheinpfalz.
Im Hopfenbau übertrifft Deutschland alle Länder der Erde, indem es Vz alles Hopfens
baut (Bayern, dann Württemberg, Elsaß-Lothringen, Baden).
Viehzucht (§ 391-392).
Nach dem Pferdebestand (4% Mill.) wird Deutschland in Europa nur von Rußland über-
troffen (23x2 Mill.). Der Bedarf wird durch die eigne Erzeugung nicht gedeckt; ruud 100 000
Stück werden mehr ein- als ausgeführt. — Hauptgebiete Ostpreußen (Trakehnen), Schleswig-
Holstein, Mecklenburg.
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xiv Ludwig Wilhelm Metz_Dudenhofen
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Frankfurt-Basel Hohkönigsburg Hagenau Weißenburg Breisach Elsaß Rhein-
Rhone-Kanal Lothringen Deutschlands Frankreich Deutschlands Deutschland Frankreich Argentinien Osterreich-Uugarn Deutschland Deutschland Italien Deutschlands Europa Rheinpfalz Deutschland Bayern Elsaß-Lothringen Baden Deutschland Europa Schleswig-
Holstein Mecklenburg
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Württemberg
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 85 —
a) Die Landwirtschaft: Non der Gesamtfläche Württembergs sind
45,2o/o Acker- und Gartenland; die Wiesen nehmen 14,8°/o, die Weiden
2,8%, die Weinberge 1,1 o/o, der Wald 30,8 °/o der Bodenfläche ein. Nur ein
kleiner Teil Württembergs (5,3<y0) ist nicht bebaut, sondern mit Gewässern,
Straßen, Häusern usw. bedeckt. Das angebaute Land ist sehr zerstückelt.
Der Großgrundbesitz ist nur schwach vertreten. Württemberg ist das
Land der mittleren und kleinen Landwirtschaftsbetriebe.
Der Ackerbau erzeugt in erster Linie Getreide; 3/ö des Acker- und
Gartenlandes sind damit bepflanzt. Ausgezeichnete Getreideböden besitzen
die Ebenen des Neckarlandes, die Geislinger, Ulmer und Blaubeurer Alb
und das nördliche Oberschwaben. Von den verschiedenen Getreidearten sind
Dinkel, Weizen, Roggen, Gerste und Haber die wichtigstem Der Anbau voll
Dinkel, früher die Hauptfrucht des Landes, geht langsam zurück; die erste
Stelle nimmt jetzt der Haber ein. Er ist die genügsamste Getreideart und
kommt daher auch in den rauheren Landesteilen und in ärmerem Boden fort.
Am gesuchtesten ist der Albhaber. Der Weizenbau nimmt erheblich zu; er
wird sast überall im Lande betrieben. Die Gerste wird hauptsächlich für die
Bierbrauereien gebaut. Der Roggen gedeiht noch in den rauheren Gegenden
mit feuchtem Klima, so auf den Schwäbisch-fränkischeu Waldbergen und
im Schwarzwald. Der Wert des in unserem Lande jährlich erzeugten Ge-
treides beträgt ungefähr 160 Mill. Mark. Nur Haber wird mehr gebaut,
als im Lande verbraucht wird. Bei allen andern Getreidearten bleibt die
inländische Ernte hinter dem Bedarf zurück. Da trotzdem Getreide aus-
geführt wird, so ist die Einfuhr von Getreide sehr beträchtlich; sie beträgt
etwa 1/4 der im Lande selbst geernteten Frucht. Unsere Bevölkerung
ist also, wie die des ganzen Deutschen Reiches, aus fremdländisches
Getreide angewiesen, wenn die Volksernährung nicht notlei-
den soll.
Außer Getreide werden Hülsenfrüchte verschiedenster Art gebaut. Um die
großen Städte hat sich ein Ring von Gartenland gebildet, auf dem die Garten-
gewächse feldbaumäßig gezogen werden. Berühmt sind Ulmer und Untertürkheimer
Spargeln, Eßlinger Einmachgurken, das Filderkraut u. a. Durch Gemüsebau sind vor
allem das Neckartal zwischen Eßlingen und Cannstatt, das untere Remstal, die Filder-
ebene, das Lange Feld, die Umgebung von Heilbronn und Ulm berühmt.
Der Anbau der Kartoffel, die einst von den Waldensern in Württemberg ein-
geführt wurde, hat sich in den letzten 50 Jahren verdreifacht. Die Kartoffel gedeiht
selbst in den gebirgigen Gegenden und ist namentlich in teuren Zeiten das Brot der
Armen. Sie findet ihre hauptsächlichste Verwendung als menschliches Nahrungsmittel.
Außerdem dient sie als Futter für die Schweine und als Rohstoff zur Verarbeitung
in der Branntweinbrennerei. Die Kartoffelernte des Jahres 1905 hatte einen Wert
von etwa 71 Mill. Mark.
Dagegen ist der Anbau der Ölpflanzen Reps und Mohn und der Gespinst-
pflanzen Hanf und Flachs reißend zurückgegangen. Reps und Mohn sind durch
die fremdländische Erdnuß und die Olive verdrängt worden. Flachs wurde früher in
großem Umfang auf dem Schwarzwald, dem Welzheimer Wald, den Ellwanger Bergen,
dem Schurwald, der Alb, auf den Fildern und in manchen Gegenden des Oberlandes
gebaut, und es war der Stolz und der Ehrgeiz der weiblichen Dorfjugend, selbst-
gesponnene Leinwand zu tragen. Heute ist das Spinnrad sogar auf der einst so flachs-
reichen Alb fast ganz verschwunden. Die Konkurrenz des russischen und belgischen
Flachses und die Baumwolle haben in Verbindung mit den Spinnereibetrieben den
Flachsbau fast völlig verdrängt. Ähnlich ist es beim Hanfbau.
Von Gewürzpflanzen ist nur der Hopfen von Bedeutung. Württemberg wird
unter den hopfenbautreibenden Ländern Deutschlands nur von Bayern übertroffen.
D,e hauptsächlichsten Hopfengegenden des Landes sind das Gäu zwischen Horb, Rotten-
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Württemberg
Geschlecht (WdK): koedukativ
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und Elsaß-Lothringen geht, übersteigt die Einfuhr um jährlich ungefähr
60000 Stück. In den letzten drei ^Jahrzehnten haben sich die
w ü r t t e m b e r g i s ch e n Land w i r t e m e h r und mehr von der
Ochse n Haltung n n d Ochse n m ä st u n g ab- und der M i l ch w i r t --
s ch a s t z u g e >v e u d e t.
Tie östliche Landeshälfte, die vorwiegend landwirtschaftlichen Charakter hat, über-
ragt an Milchreichtnm die westliche Landeshälfte beträchtlich. Die höchsten Milch-
ertrüge liefert das Algäu, wo die Kühe den ganzen Sommer über auf der Weide sind
und zur Ackerarbeit nicht verwendet werden. Die frische Milch kann am vorteilhaftesten
in den mit viel Jndnstriebevölkerung durchsetzten Teilen des Neckarlandes abgesetzt
werden. Stuttgart allein verbraucht täglich etwa 110 000 Liter Milch (jährl. 40 000 000
Liter!). Sogar aus dem Algäu kommt täglich frische Milch in die Landeshauptstadt.
Heilbronn verbraucht täglich etwa 15 000 Liter Milch. Zur besseren Verwertung der
Milch in den minder dicht bevölkerten und vom Verkehr weniger begünstigten Landes-
teilen bestehen neben vielen Privatmolkereien etwa 550 Molkereigenossenschaften. Dazu
kommen noch private und genossenschaftliche Käsereien im Oberland, vor allem im
Algäu. In den Bezirken Leutkirch und Wangen werden jährlich ungefähr 800 000
Hektoliter Milch zu Butter und Käse verarbeitet.
Insgesamt werdeu in Württemberg jährlich etwa 140 000 Doppel-
zentner Butter und 135 000 Doppelzentner Käse im Wert von zusammen
mehr als 40 Millionen Mark erzengt. Rechnet man dazu noch den Wert
der frischen Milch, so ergibt sich für die württembergische Landwirtschaft aus
der Milcherzeugung eine Roheinnahme von ungefähr 75 Mill. Mark.
Die Schweinezucht ist in Württemberg sehr gewachsen. Die
Schweine liefern mehr Fleisch und Fett als ein anderes Nutztier von gleichem
Gewichte, sie wachsen rasch heran und machen ans Futter die geringsten
Ansprüche, so daß auch der kleinere Mann sie halten kann. Den größten
Bestand au Schweinen haben die Hohenloher Ebene, die Ellwanger Berge,
die Münsinger Alb und manche Teile des Oberlandes.
Die Pferdezucht und Pferdehaltung blüht namentlich in Ober-
schwaben, auf manchen Teilen der Alb und im Hohenloheschen. Württemberg
zählte im Jahre 1907 über 115 000 Pserde. Zur staatlichen Förderung
der Pferdezucht dienen die Gestüte zu Marbach und Odenhausen im Ober-
amt Münsingen und St. Johann und Güterstein im Oberamt Urach. Die
Einfuhr an Pferden übersteigt die Ausfuhr.
Die Schafzucht ist in Württemberg infolge des Sinkens der Wollpreise, der
erschwerten Ausfuhr von Masthämmeln nach Frankreich und der Verminderung der
Weiden stark zurückgegaugeu. Die Hauptheimat der Schafe sind immer noch die Berg-
weiden der Alb. Dagegen hat die Ziegenzucht, namentlich in den Gegenden mit
starker Arbeiterbevölkerung, zugenommen. Wichtig ist auch die Geflügelzucht, die
aber trotz ihres starken Ausschwunges noch lange nicht hinreicht, unfern jährlichen
Bedarf an Eiern, Fleisch und Federn zu decken.
Die Bienenzucht ist ein beachtenswerter Nebenbetrieb der Landwirtschaft. Sie
hat im Jahre 1900 über 1000 000 kg Honig geliefert.
Rechnet man das Geflügel und die Bienen mit ein, so beträgt der Gesamtwert des
württ. Viehbestandes 100 Millionen Mark.
Der grundlegenden Bedeutung der Landwirtschaft für unser Wirtschaftsleben wird
die württembergische Regierung durch eifrige Förderung gerecht. Diesem Zweck dienen
die Königl. Zentralstelle für die Landwirtschaft, die landwirtschaftliche Akademie in
Hohenheim, die Tierärztliche Hochschule in Stuttgart, die Ackerbauschulen in Hohen-
heim, Ellwangen, Ochsenhausen und Kirchberg (Sulz), die Weinbauschule in Weinsberg,
Lehrkurse für alle möglichen Zweige der Landwirtschaft, endlich das landwirtschaftl.
Hauptfest in Cannstatt. Starke Verbreitung in der Landwirtschaft hat das Genossen-
schaftswesen gewonnen. Es bestehen Darlehenskassen, Einkaufsgenossenschaften, Molkerei-
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Württemberg
Geschlecht (WdK): koedukativ
bauet keine solch reichen Felder und fetten Wiesen, wie man sie im Neckar-
land trifft; auf weite Strecken der Hochfläche ist der schwarze, feinpulverige
Boden mit Kalksteinen übersät, und da zndem das Klima rauh ist, siud ihm
nur bescheidene Ernten abzugewinnen. Aber der Albbaner verfügt über
größere Ackerflächen als die Bauern des Unterlandes, und sein Fleiß ist
unermüdlich. Die überall fichtbaren Steinriegel am Rande der Äcker zeigen,
wie er seine Felder zu verbessern sucht und dem Weideland immer neues
Ackerland abzugewinnen weiß. So gewinnt er auch seinen Bedarf an Haber,
Dinkel, Roggen, Gerste, Kartoffeln und Futterkräutern, ja manche Bauern
können uoch einen großen Teil ihres Getreides verkaufen. Gesucht ist nament-
lich der Haber, der besser ist als jeder andere. Die Blaubeurer Alb und
das Hochstraß werfen fogar infolge des mit fettem Lehm bedeckten Bodens
und des milden Klimas fehr gute Erträge an Getreide ab, so daß es dort
reiche Bauerndörfer gibt.
Das Hochsträß ist wie eine Insel durch die zusammenhängenden Taler
der Schmiechen, Aach und Blan gegen die Donau hin von der Hauptmasse
der Alb abgetrennt.*) Seinen Namen hat es von der über seine höchsten
Punkte hinführenden vorgeschichtlichen Straße. Seine Hochfläche fenkt sich
langsam gegeu die Donau hin, und der Jurakalk ist auf ihr wie in Ober-
schwaben durch Ablagerungen des Molassemeeres zugedeckt. Daher hat das
Hochsträß fruchtbaren Ackerboden und schöne Wälder. Der Südsanm des
Hochsträß erhebt sich nur schwach über das Donautal und ist belebt durch
Dörfer, Kirchen und Schlösser, die in das oberschwäbische Ebenenland hin-
übergrüßen.
Von großer Bedeutung ist aus der Alb die Viehzucht' sie war von
jeher die Quelle eines mäßigen Wohlstandes der Albbewohner. Da bei
den schlechten Verkehrsverhältnissen die Milch nicht so günstig abgesetzt
werden kann, wird in den Molkereien Bntter darans bereitet. Der Verkauf
von Schlachtvieh ist beträchtlich. Viel Schlachtvieh ist für den Truppen-
Übungsplatz Münsingen erforderlich, ein großer Teil wandert mit der Bahn
nach Stuttgart, Eßlingen, Ulm usw. Die Pferdezucht ist namentlich
aus der Blaubeurer und Münsinger Alb bedeutend. Sie wird gefördert
durch die Gestüte in St. Johann und Güterstein bei Urach, Marbach und
Offenhausen bei Münsingen. Anch die Schafzucht spielt infolge der
ausgedehnten Weiden immer noch eine Rolle. Viele Schafhalter des Neckar-
landes übersommern ihre Herden ans den würzigen Bergweiden der Alb,
und die Verpachtung der Weiden bringt vielen Gemeinden eine schöne Ein-
nähme. Die Wolle wird auf den großen Märkten in Kirchheim u. T. und
Ulm verkauft. Die Erinnerung an die einstige große Bedeutung des
Schäfereiwesens wird noch heute wachgehalten durch den in Urach alle zwei.
Jahre am Jakobifeiertag stattfindenden Schäferlauf, bei dem reichkostümierte
Schäfer und Schäferinnen der Umgegend zu Tanz und Wettlauf sich ver-
sammeln, und mit dem ein großer Schafmarkt verbunden ist. Neuerdings
hat der Obstbau, trotzdem er von Klima und Bodeu wenig begünstigt ist,
einen erfreulichen Aufschwung genommen. Der Verlans von Holz
(Buchen, Eichen usw.) ist uicht unbeträchtlich. Öde Strecken sind in den
letzten Jahrzehnten mit Tannen angepflanzt worden, welche als Papierholz
sehr begehrt sind.
*) Diese drei Täler bezeichnen einen früheren Donaulauf.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Württemberg
Geschlecht (WdK): koedukativ
- 81
3. Klima: Das Algäu ist außerordentlich reich an Niederschlägen.
Je mehr man sich den Alpen nähert, desto mehr nehmen die Niederschläge
zu. Die Umgebung von Jsuy ist fast so regenreich wie die höchsteu Höhen
des württembergifchen Schwarzwalds. Wegen seiner hohen Lage und der
Nähe des Hochgebirges gehört das Algäu zu den rauhesten Gegenden des
Landes. Ungeheure Schneemassen fallen im Winter imb stören den Verkehr.
Der Frühliug beginnt eigentlich erst im Mai. Das regenreiche Klima bringt
einen üppigen Graswuchs hervor.
4. Erzeugnisse: Tic Hauptbeschäftigung des Algäuer
Bauern ist wie in den Alpen die Milch- und Gras Wirtschaft.
Dazu kommt noch der Waldbau. Der Ackerbau tritt ganz in den Hinter-
Algäulandschaft bei Isny.
grnnd. Manche Bauern bauen gar kein Getreide. Lnilch, Butter und
Rase sind die Hauxterzeugnisse des Algäus; auf sie gründet sich
der Wohlstand seiner Bewohner. Die Butter- und Käfefabrikation wird in
großem Umfang betrieben. Großkäsereien sind namentlich in Wangen,
Isny und Leutkirch vorhanden; außerdem bestehen fast in jeder Gemeinde
Käsereien, die alle möglichen Arten von Käse herstellen. Groß ist auch die
Zahl der Molkereien. Die Dampfmolkerei in Eisenharz verarbeitet täglich
16 000 Liter Milch zu Butter, Käse, Milchzucker und Trockenmilch. Der
Tors liefert der Bevölkerung des Algäus das Hauptbrennmaterial. Das
Holz wandert in die vielen Sägewerke und in die Holzstosfabriken; außer-
dem werden Holzwaren darans verfertigt. Sonstige größere Industrie sindet
sich nur in Wangen.
5. Orte: Wolfegg, Schloß des Fürsten von Waldburg-Wolfegg-
Württ. Laudeskunde. 6
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Württemberg
Geschlecht (WdK): koedukativ
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bürg, Tübingen, Herrenberg und Nagold und das Oberland iu der Gegend von Tett-
nang und Ravensburg sowie von Sanlgau und Ehingen.
Die Zuckerrübe bedarf eines fruchtbaren Bodens. Sic wird daher nur im
Neckarlande gebaut. Hier befinden sich auch die drei Zuckerfabriken des Landes:
Stuttgart-Münster, Heilbroun und Züttlingen a. d. Jagst. Auch der Tabak und
die Zichorie werden nur im Neckarland gebaut, letztere ausschließlich iu der Nähe der
Zichorienfabriken Ludwigsburg und Heilbronn.
Der Obstbau nimmt in Württemberg eine hervorragende Stelle eilt.
Unser Land ist das erste Vbstland des Deutschen Reiches. Es be-
sitzt etwa 11 Millionen Obstbäume, worunter fast 6 Millionen Apfelbäume.
Der jährliche Durchschnittsertrag hat einen Wert von mehr als 7 Mill.
Mark. Der Obstbau erstreckt sich aus alle Gegenden des Landes; selbst auf
den höchsten Plätzen der Alb wird noch, wenn auch iu beschränkterem Umsaug,
Obstbau getrieben. Das Neckarland, die Täler der Neckarzuflüsse der Alb, die
Bodenseegegend gleichen einem förmlichen Obstgarten und erzeugen die
seinsten Obstsorten. Trotzdem deckt unser Obstbau deu Bedarf noch nicht,
namentlich weil bei uns die Bereitung des Obstmostes ganz allgemein ist,
wogegen der Branntweingenuß immer sehr eingeschränkt blieb. Daher muß
auch in den besten Obstjahren allein an Kernobst etwa 1/2 Million Doppel-
zentner eingeführt werden. Stuttgart besitzt den größten Mostobstmarkt
des Deutschen Reiches.
Der Weinbau ist iu Württemberg, obgleich er langsam zurückgeht,
von großer Bedeutung. Unter dm vier Hauptweingebieten Deutschlands
kommt unser Land an zweiter Stelle. Das Rebland beschränkt sich
auf die mildesten Gegenden des Landes. Der Schwerpunkt des Wein-
baugebiets liegt im mittleren und unteren Neckartal, Ivo Tausende von
Kleinbauern wohnen, deren Hauptnahrungsquelle uicht das Kornfeld und
nicht der Wald, nicht die Äcker und nicht die Wiesen, sondern die Weinberge
sind. Bon den Seitentälern des Neckars sind das Rems-, Bottwar-,
Schotzach- und Sulmtal, das Enztal und das Zabergäu bevorzugte Wein-
gegendeu Auch im untern Kocher- und Jagsttal wird Weinbau getrieben,
geschätzter sind aber die Tauberweine. Sogar an freit Abhängen der Alb
von Reutlingen bis Weilheim gedeiht noch die Rebe. Auch in der Bodensee-
gegend ist der Weinbau zu Hause; er zieht sich im Schusseutal bis Ravens-
bürg aufwärts. Wenn auch die meisten württembergischen Weine an Güte
das edle Rheingauer Gewächs uicht erreichen, so erfreuen sich doch manche
Sorten eines wohlverdienten Rufes. Der jährliche Durchschuittsertrag des
Weinbaus beträgt iu Württemberg etwa 11 bis 12 Mill. Mark.
D i e Viehzucht w i r d mehr und m e h r zu ut wichtig st e n
Z >v e i g der württembergischenlandwirtschast. Sie liefert jähr-
lich 65°/o der Roheinnahmen der württembergischen Landwirte, während der
Getreidebau nur 15«b einbringt. Obenan steht die Rinderzucht. Sie hat
in den letzten Jahrzehnten einen großen Aufschwung genommen. Die
Ackerflächen mit Futtergewächsen und Kartoffeln sind daher bedeutend an-
gewachsen, und außerdem werden noch ausländische Futtermittel verbraucht.
Die Rind Vieh zu cht bildet neben der Schweinezucht für die
Mehrzahl der landwirtschaftlichen Betriebe die hauptsäch-
lichste Einnahmequelle. Württemberg zählte im Jahre 1907 über
1 Million Stück Rindvieh im Wert von ungefähr 250 Millionen Mark.
Die Aussuhr au Rindvieh, die hauptsächlich nach Baden, Bayern, Hessen
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